Das hier vorliegende Basiskonzept ist die Grundlage unsere Arbeit.
Darauf aufbauend wird für jeden Standort ein konkretes Konzept entwickelt,
das sich auf die jeweiligen Schulkonzeptionen sowie auf die Bedingungen des Sozialraumes bezieht.
Damit schaffen wir den Rahmen für die Begleitung einzelner Schüler_innen, für Gruppenarbeiten,
aber auch für zeitlich begrenzte Projekte mit spezifischem Inhalt.

Sozialpädagogisches Basiskonzept

1. Einführung

In gemeinsamer Arbeit von Sozialpädagogen/innen und Lehrern/innen ist in den vergangenen Jahren eine Initiative entstanden, die Konzepte zur sozialen Arbeit im Bildungsraum Schule formulieren, umsetzen und weiter entwickeln will. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde 2014 der „cooperatio - Soziale Arbeit & Schule e.V.“ gegründet. Der Zweck des Vereins ist die Förderung von Bildung und Erziehung im schulischen Umfeld. Der Verein unterstützt insbesondere den Ausbau sozialpädagogischer Arbeit an Schulen und setzt sich im Rahmen der kommunalen Jugendhilfe für die Etablierung von Sozialer Arbeit in Schule ein.
Das hier vorliegende Basiskonzept dient als Grundlage zur Entwicklung unterschiedlichster Arbeitsformen, sowohl für die Begleitung einzelner Schüler/innen, für Gruppenarbeiten wie auch für die Mitarbeit an der Entwicklung von Schulkonzepten.
Das Konzept wurde erarbeitet im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen des SGB VIII (insbesondere § 13a sowie § 1 in Verbindung mit § 11). Es orientiert sich am Schulgesetz des Freistaates Sachsen.

2. Grundanliegen

Die individuelle Entwicklung der Jungen und Mädchen steht zu Recht gerade im Bildungsbereich Schule im Mittelpunkt aller Bemühungen. Im Erziehungs- und Bildungsauftrag wird im zweiten Absatz formuliert: „Die schulische Bildung soll zur Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler in der Gemeinschaft beitragen.“ Im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird im Paragraph 1 betont, dass „jeder junge Mensch ... ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ hat.
Wir gehen in diesem Zusammenhang von zwei miteinander in Wechselwirkung stehenden Aspekten aus:

Dabei wird auf eine wesentliche soziale Kompetenz hingearbeitet, die ein Bewusstsein beider Aspekte voraussetzt, auf die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Diese Fähigkeit ist aus unserer Sicht die zentrale soziale Kompetenz. Unter dem Begriff „Soziale Kompetenzen“ verstehen wir die Fertigkeiten des Individuums, eigene Interessen in einen harmonischen Austausch zur Umwelt zu bringen. Damit bezieht sich unser Handeln immer auf die individuell spezifischen Merkmale der Kinder und Jugendlichen. Beginnend beim Lebensalter, über das Geschlecht bis zu den familiären und sozialen Bedingungen werden möglichst alle
Aspekte einbezogen.
Im Prozess ihrer Entwicklung sollen Jugendliche darin gestärkt werden, ihre Interessen zu formulieren, sie zu vertreten und dabei gemeinsam Kompromisse auszuhandeln.

Quellen: SGB VIII § 1 (1), Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SchulG) i. SächsGVBl. Jg. 2004 Bl.-Nr. 15 S. 298 Fsn-Nr.:710-1 Fassung gültig ab: 05.06.2010

3. Ausgangslage

KINDER UND Jugendliche sind auf dem Weg sich ein Bild von der Welt zu machen, die sie umgibt. Sie wachsen heran in einer Bildungslandschaft, die von einer Vielfalt an Aufgaben, von Möglichkeiten und von mitunter großer Widersprüchlichkeit geprägt ist. Sie verbringen einen großen Teil ihres Tages in der Schule. Damit findet auch ein Großteil ihres Soziallebens, ihrer Erfahrungswelt und ihrer Persönlichkeitsentwicklung innerhalb der Schule statt.
Hier trifft die Entwicklung von eigenen Lebensentwürfen auf eine Vielfalt von Möglichkeiten und einen Komplex von Entscheidungssituationen. Vor den Kindern und Jugendlichen breitet sich eine große Menge an „Wahlmöglichkeiten“ aus. Damit steigt aber auch die „Notwendigkeit der Wahl“.
Die Motivation, eigene Ideen zu entwickeln und die nötigen Entscheidungen zu treffen, muss gemeinsam erarbeitet werden. Gerade Kinder und Jugendliche in benachteiligten Lebenssituationen benötigen in dieser Hinsicht besondere Unterstützung.
Extrinsische Konzepte, also die Vorgabe von Handlungszielen und Leitmotiven von außen, können nach allgemein geltender Erkenntnislage nicht wirksam werden. Ebenso wird ein Handeln ohne Kommunikation, ohne gemeinsame Abstimmung wenig erfolgreich sein.

SCHULE
allein kann der Fülle an Aufgaben nicht gerecht werden, Auftrag und Planungsvorgaben liegen definiert vor den Kollegen/innen. Der Bildungsauftrag ist klar formuliert und einer Vielzahl von Verantwortlichkeiten muss entsprochen werden.

ELTERN
allein stehen häufig im Spagat zwischen steigenden Ansprüchen der eigenen Berufs- und Arbeitswelt, den Notwendigkeiten und Bedürfnissen in den Familien und der wachsenden Notwendigkeit zur Förderung der Kinder.

JUGENDHILFE
allein kann im Bildungsland Schule, das den Großteil der Tagesgestaltung von Kindern und Jugendlichen „besetzt“, nicht zur Entwicklung von fachlich fundierten, an den Lebens- und Lernbedingungen der Kinder orientierten Handlungskonzepten.

An dieser Stelle setzt die Kooperation des Vereins mit den Schulpartnern an: Es werden keine allgemeinen Konzepte vorbereitet und flächendeckend angeboten. Die konkreten Konzepte werden auf der Grundlage unseres Basiskonzeptes vor Ort gemeinsam aufgebaut und fortlaufend weiterentwickelt.

4. Ziele

Das Hauptziel der sozialpädagogischen Arbeit in Schulen ist die Begleitung von individuellen Entwicklungswegen. Der Verein orientiert sich in erster Linie an der allgemeinen Zielstellung, wie sie im Erziehungs- und Bildungsauftrag des sächsischen Schulgesetzes formuliert ist.
Von zentraler Bedeutung sind hierbei:

  • das Recht auf Bildung ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage
  • die Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler_innen in der Gemeinschaft
  • die Orientierung an menschlichen Werten und gesellschaftlichen Normen wie beispielsweise Verantwortungsbewusstsein, Nächstenliebe, Achtung vor der Überzeugung des anderen, Erhaltung der Umwelt (u.a.)

Die Formulierung von individuellen Zielen und deren Umsetzung so wie auch die kontinuierliche Einschätzung hinsichtlich der Entwicklungsschritte orientieren sich an der erprobten Methode des SMART-Verfahrens. Ziele sollten demzufolge spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar sein. Diese Kriterien werden in dem Dreieck zwischen den Schülerinnen und Schülern, deren Eltern und Erziehungsberechtigten und den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern umgesetzt.

Quellen: Fachempfehlung zur Schulsozialarbeit (SMS,24.06.2016);
Prof. Dr. Kehr, Hugo, Dipl.- Psych. Kaspar Schattke: Motivationsmanagement in der mitarbeiterorientierten Unternehmensführung. Technische Universität München, abgerufen am 10. 05.2014 (PDF; 2,0 MB).

4.1. Zielgruppe

Alle kontinuierlichen sozialen Arbeitsformen wie auch alle zeitlich begrenzten Projekte haben als Adressaten des Handelns immer die beteiligten Kinder und Jugendlichen der Schulen.
Dabei wird darauf geachtet, dass nicht nur defizitäres Handeln und abweichendes Verhalten als Zugangskriterien für eine Beteiligung vorausgesetzt werden.
Alle Arbeitsformen sind an den aktuellen individuellen Bedingungen ausgerichtet und verfolgen neben der Unterstützung im Einzelfall immer eine Arbeit innerhalb der natürlichen Gruppe. Einerseits werden so die persönlichen Ziele der Schülerinnen und Schüler deutlich, andererseits wird bis hin zur Ergebnissicherung immer der Zusammenhang zum gemeinschaftlichen Handeln gesehen.

4.2. Beteiligte

Die Arbeit in allen unterschiedlichen Konzepten kann nur gelingen, wenn neben den Kindern und Jugendlichen deren Eltern und Erziehungsberechtigten einbezogen werden. Darüber hinaus ist auch eine direkte Zusammenarbeit mit den begleitenden Lehrpädagoginnen und -pädagogen eine Grundlage. In dem Dreieck zwischen Schülern, Eltern und Lehrern werden individuelle Ziele formuliert und umgesetzt.

4.3. Ort

Der Verein arbeitet mit allen Schultypen an unterschiedlichen Orten zusammen. Ausgehend von den jeweiligen Schulkonzepten werden an den konkreten Orten die konkreten Bedingungen des sozialen Umfeldes bis hin zu den Wohnorten der Kinder und Jugendlichen einbezogen. Damit wird ein direkter Bezug zur Lebenswelt erreicht.

5. Methodisches Handeln / Arbeitsprinzipien

In unserem methodischen Handeln orientieren wir uns an Michael Galuske und Hiltrud von Spiegel. Für von Spiegel bedeutet methodisches Handeln „die spezifischen Aufgaben und Probleme der Sozialen Arbeit situativ, eklektisch und strukturiert, kriteriengeleitet und reflexiv zu bearbeiten“ (Spiegel 2006, 118). Galuske beschreibt daran anknüpfend methodisches Handeln als Aspekte, welche es ermöglichen, Hilfsangebote planbar, nachvollziehbar und überprüfbar zu machen (Galuske 2001, 163 ff).
Von dieser theoretischen Grundlage ausgehend, verstehen wir unter methodischem Handeln eine Verknüpfung der folgenden Arbeitsprinzipien mit fallspezifisch ausgewählten Interventionen:

RESSOURCENORIENTIERUNG: An den Stärken des Schülers anknüpfen, Wünsche, Interessen und Wertvorstellungen berücksichtigen, Erkennen der eigenen Ressourcen ermöglichen, Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls
LEBENSWELTORIENTIERUNG: Sozialraum und Familie des Kindes einbeziehen, Beratungen und Angebote auf die aktuelle Situation des Kindes beziehen
PROZESSORIENTIERUNG: Unterstützung bei der lösungsorientierten Bewältigung von Problemen,
FREIWILLIGKEIT: Angebote der Schulsozialarbeit sind grundsätzlich freiwillig, es kann eine Empfehlung zur Teilnahme ausgesprochen werden, Entscheidung liegt beim Schüler
VERTRAULICHKEIT: Schweigepflicht gegenüber Dritten, vertrauliche Atmosphäre für Beratungsangebote

Quellen: Galuske, Michael: Methoden der Sozialen Arbeit, 3. überarb. u. erw. Aufl., Weinheim München 2001; Spiegel, von Hiltrud (2006): Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit. 2. Auflage. Reinhardt

5.1. Einzelfallarbeit

Der Lern- und Lebensort schule bietet einerseits besondere Zugänge zu Kindern und Jugendlichen, andererseits ist er nicht unproblematisch für Angebote der Jugendhilfe. Weitestgehend alle Kinder und Jugendliche besuchen die Schule regelmäßig, verbringen hier einen wichtigen Teil ihrer Zeit und haben persönliche Beziehungen zu Gleichaltrigen und Erwachsenen.
Gerade innerhalb des Schulalltags werden Problemlagen der Schüler und Schülerinnen schnell offensichtlich. Durch eine enge Zusammenarbeit mit den Lehrkräften, kann so rechtzeitig mit diesen Kindern und Jugendlichen der Kontakt hergestellt werden und als Einzelfallbegleitung an deren jeweiligen Bedürfnissen gearbeitet werden. Die Kinder und Jugendlichen erhalten so niederschwellig und jederzeit die Möglichkeit einer individuellen Begleitung. Diese Arbeitsweise ist an das jeweilige Potentiale der Mädchen und Jungen orientiert. Das betrifft sowohl das individuelle Tempo sich den Herausforderungen zu stellen wie auch die Bereitschaft, sich den Problemlagen zu stellen.
Die Einzelfallarbeit ermöglicht Kriseninterventionen, Begleitung und Vermittlung weiterführender Hilfen, Beratungen zu spezifischen Themen oder auch langfristige Einzelförderung.

5.2. Gruppenarbeit

Gruppenarbeit wird in unterschiedlichen Arbeitsformen durchgeführt. Dabei können Kleingruppen, themenspezifische Gruppen, Lerngruppen oder auch natürliche Gruppen (in unserem Fall Schulklassen) begleitet werden.
Vom zeitlichen Rahmen sind kurze Arbeitsformen (Interventionen, Krisenbegleitung), projektähnliche Abläufe (Freizeitgruppen, Unternehmungen und Exkursionen) aber auch langfristige Gruppenarbeit möglich.
Der Zugang zur Gruppenarbeit ist möglichst freiwillig (niedrigschwellig) einzurichten. In speziellen Situationen (Krisenbegleitung, Konfliktlösung) kann in einem den Rahmenbedingungen angepassten Zwangskontext gearbeitet werden.
Gruppenarbeitsformen können und sollen Einzelfallarbeit nicht ersetzen. Ganz im Gegenteil: Die wertvolle Einzelfallunterstützung wird hinsichtlich der Ergebnissicherung durch eine fest geplante Reintegration in Gruppen- und Klassenverbände ergänzt.

5.3. Beratung

Beratungsgespräche werden Kindern und Jugendlichen, Lehrkräfte und Eltern bei aktuellem Bedarf angeboten. Sie finden in einer vertrauensvollen Atmosphäre und unter Schweigepflicht statt.
In den systemisch aufgebauten Beratungen werden Schülerinnen und Schüler als Teil ihrer Familie, ihrer Klasse und ihrer Peergroup verstanden. In den Gesprächen wird situationsangemessen und lösungsorientiert gearbeitet.

Mögliche Themen von Beratung:

  • Schuldistanz / Schulfrust
  • Integration und Inklusion
  • Konflikten mit Mitschülern, Lehrern, Eltern, Mobbing
  • Kindeswohlgefährdung (gem. § 8a + 8b SGB VIII)
  • Beratung zu allgemeinen Entwicklungsthemen

Durch interdisziplinären Fachaustausch wurden bereits vielfältige Erfahrungen gesammelt. In unterschiedlichen Situationen konnten Lehrkräfte von Beratungsgesprächen mit einem multiprofessionellen Team von erfahrenen Sozialpädagogen und Beratungslehrern oder in Klassenkonferenzen mit der Methode des „Reflecting Team“ profitieren. Diese Ebene der Beratungsarbeit wird zukünftig erweitert und weiterentwickelt.

5.4. Gemeinwesen

Durch eine Gestaltung der Schulen als offener Lern- und Lebensraum wird die Stadtraumorientierung erweitert. Der Austausch mit Personen und Einrichtungen im schulischen Umfeld wie auch mit bestehenden Unterstützungsangeboten soll ermöglicht und gefördert werden.

6. Kooperation, Koordination und Vernetzung

In den Schulen werden Arbeitsmöglichkeiten für ein kontinuierliches interdisziplinäres und fachlich fundiertes Handeln gebraucht. Dies gelingt in einem transparenten Arbeitsklima, das von Anerkennung und Wertschätzung geprägt ist.
Dazu sollen Partner gewonnen werden, die sich an folgenden Grundsätzen von Kooperation orientieren:

  • Gleichberechtigung der Partner
  • Fachlicher Austausch
  • Gemeinsames Planen und Handeln

Die Koordination der Arbeiten erfolgt durch den Verein. Dabei sind die jeweiligen Mitarbeiter/innen vor Ort für die informelle Anbindung der Kooperationspartner zuständig.
In Zusammenarbeit mit den Schulen wird die Netzwerkanbindung an Einrichtungen der Jugendhilfe organsiert.
Darüber hinaus werden weitere Partner (wie Firmen, öffentliche Einrichtungen, Einzelunterstützer) zur Erweiterung der Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen gesucht.
Im Verein wird darüber hinaus abgestimmt, wie die Mitarbeit in fachlichen und fachübergreifenden Gremien organisiert und verteilt wird.

7. Grundsätze von Fachlichkeit und Selbstfürsorge

Zur Sicherstellung der Qualität der fachlichen Arbeit brauchen wir eine entwicklte Beziehungskultur. Dazu bedarf es gut ausgebildeter Sozialpädagoginnen und –pädagogen, die stabil in Beziehungen auftreten können und verantwortungsbewusst mit Regeln und Grenzen umgehen. Die Arbeit orientiert sich an geltenden Fachstandards.
Zur Sicherung unserer fachlichen Qualität richten wir ein:

  • Fach- und Fallberatung
  • Supervision
  • Beratung gemäß § 8a+b SGB VIII
  • Mediation
  • Intervision (interdisziplinäre Arbeitsgruppen, ortsungebunden, fachlich moderiert)
  • Klare Strukturen von Fachaufsicht und Kontrolle
  • Vier-Augen-Prinzip bei der Konzeptionierung und in Finanzierungsfragen

Der Verein unterstützt die fachliche Weiterbildung und damit die persönliche Entwicklung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Generell sollen die Fort- und Weiterbildung in Abstimmung mit den jeweiligen Kooperationspartnern zum festen Bestandteil des Arbeitsauftrages gehören. Wo dies nicht möglich ist, wird im Rahmen der Vereinsarbeit
Weiterbildung organisiert.